Buchrezension: Die Avantgarde der deutschen Winzer – Slow Wine und seine Erzeuger

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, das ich so interessant fand, dass ich zu dem Angebot von bloggdeinbuch.de, es zu rezensieren, nicht Nein sagen konnte.

Herausgegeben wurde das Buch „Die Avantgarde der deutschen Winzer – Slow Wine und seine Erzeuger“ vom Oekom Verlag, der mit den beiden Autoren Ulrich Steger, Wirtschaftswissenschaftler, Hochschuldozent, Manager und Politiker sowie Kai Wagner, Gründer und Leiter des Slow Food Conviviums Mittelhessen und Fachbeirat für Wein ein ausgesprochen kompetentes Autorenteam ins Rennen schickt, das sich gut zu ergänzen scheint.

Slow Wine – passend zu Slow Food.
Hochwertige Dinge, denen genügend Zeit gegeben wurde, um eine exzellente Qualität zu garantieren, in die viel Liebe und Wissen investiert wurde und oft auch Mut, neue und ungewöhnliche Wege zu gehen.
Oder alte und traditionelle wiederzubeschreiten und wiederzubeleben.

Viele von euch wissen ja, dass ich mitten in einer Weingegend wohne, genauer gesagt sogar direkt an der schönen deutschen Weinstraße.
Einige der vorgestellten Winzer befinden sich in meiner direkten Umgebung, das fand ich natürlich besonders spannend.

Obwohl ich ausgesprochen gerne einen guten Wein zum Essen trinke und der Besuch diverser Weinfeste und -proben hier in der Vorderpfalz ja fast obligatorisch ist, bin ich alles andere als ein richtiger Weinprofi.
Dieses Buch ist allerdings ein tolles Werkzeug, um das Wissen rund um qualitativ hochwertigen Wein, seinen Anbau etc. zu erweitern..

Es beginnt mit einer Einführung – was ist Slow Wine?
Die Ursprünge von Slow Wine liegen – ebenso wie die von Slow Food – in Italien. Beides war und ist dort untrennbar miteinander verwoben, eine Gegenbewegung zum industrialisierten Essen und Wein, die auf alte Handwerkskunst, regionale Feinheiten und Gegebenheiten setzt.
Für die Qualität ist hier unter anderem auch der Faktor Zeit maßgebend, der heute in der Industrie einfach nur noch zu einem Wirtschaftsfaktor verkommen ist und knapp bemessen. Deshalb eben „Slow“.

Nach den großen deutschen Weinskandalen in den 80ern (erinnert ihr euch alle an diese Glykol-Geschichten?) haben damals schon viele Winzer ihr Konzept überdacht und sich neu orientiert, in Richtung Qualität, alte Traditionen und spezielle regionale Gegebenheiten (Böden, Klima), weg von der Massenproduktion.
Das Buch beleuchtet diese „Avantgarde“ von Winzern, die Verantwortung, die sie damit übernehmen, für die Umwelt, sich selbst und natürlich auch ihre Kunden.
Beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Geschmack, der natürlich auch immer sehr subjektiv erlebt wird, es gibt aber einige Punkte, die zu einem „guten“ Geschmack beitragen, die man eindeutig definieren kann und die erfüllt sein sollten:

  • Die Lage, der Weinberg  mit ihrem unverwechselbaren Profil sollte im Zusammenspiel mit der Rebsorte klar zu erkennen sein.
  • Hohe Erträge mögen zwar kurzfristig zu einem größeren Gewinn für den Winzer führen, enden allerdings in großen Einbußen beim Geschmack und schädigen auf Dauer auch den Weinstock
  • Eine selektive Lese, wenn irgendwie möglich, unter Vermeidung von Vollerntern und per Hand
  • Genügend Zeit zur Reife im Keller

Nach dieser Einführung ins Thema werden verschiedene, ausgewählte deutsche Weingüter vorgestellt, die noch mal unterteilt sind in:

  • Pioniere – die Wegbereiter der Bewegung, die, die schon nach den ersten Glykolskandalen auf biologische Weinwirtschaft umstellten,
  • Mentoren von Slow Wine, die Anfang der neunziger Jahre statt nach den überholten Oechslegraden wieder nach der Lage klassifizierten und sich intensiv mit neuen Anbaumethoden, Reben etc. auseinandersetzten,
  • „Mehr Slow als Öko“ Weingüter, die ihren Fokus eher auf regionalen Traditionen und der Wiederentdeckung alter Rebsorten setzen als auf Bio – was ich besonders interessant finde, da ich persönlich der Meinung bin, dass Bio um jeden Preis nicht immer automatisch das Beste ist,
  • aufstrebende Weingüter, die in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet haben und von denen man sicher noch mehr hören wird,
  • Quereinsteiger, die im Niedergang begriffene Weingüter aufgekauft, modernisiert und wieder auf Qualität ausgerichtet haben, teilweise aber aus ganz anderen Bereichen ursprünglich kamen,
  • und natürlich einige Hoffnungen für die Zukunft, junge, neue Winzer, die sich gerade auf ihren Weg machen.

In den einzelnen Porträts zu lesen, was die einzelnen Winzer motiviert, wie sie ihren Weg beschreiten, mit welchen Wegen und welchen Schwerpunkten fand ich persönlich sehr spannend.
Zu jedem Weingut gibt es auch eine besondere Weinempfehlung, obwohl das Buch kein Weinführer mit Bewertungen im eigentlichen Sinne sein möchte, trotzdem gefällt es mir gut, dass es zu jedem Betrieb eben diese Empfehlung gibt, denn es hat mir Lust gemacht, den einen oder anderen Wein auszuprobieren.

Wie schon erwähnt, ich wohne direkt an der Weinstraße, in der Vorderpfalz – selbstredend interessierten mich natürlich die besprochenen Winzer aus der Pfalz brennend.
Das Weingut A. Christmann in Neustadt Gimmeldingen sprang mir hier besonders ins Auge, über 2/3 steht in den Weinbergen Riesling, meine bevorzugte Rebsorte.
Die wunderbaren Lagen wie z. B. Langenmorgen oder Reiterpfad bringen herrliche Große Gewächse hervor, die ich schon  genießen durfte, allerdings bis jetzt noch nicht von Christmann – das muss unbedingt nachgeholt werden.

Ein Kritikpunkt meinerseits ist die Buchbindung, die etwas hochwertiger sein dürfte, einige Seiten lösten sich sich schon beim Umblättern.
Vielleicht bin ich da als Tochter eines passionierten Hobby-Buchbinders etwas kritisch, möchte es aber trotzdem nicht unbemerkt lassen.

Von mir gibt es aber alles in allem eine klare Empfehlung für dieses Buch, wer sich für hochwertigen, nachhaltig produzierten Wein mit regionalen Besonderheiten – eben Slow Wine – interessiert, ist mit diesem Buch gut beraten.
Es macht Lust auf guten Wein, erläutert die ganze Liebe und Arbeit, die darinnen steckt, stellt nicht nur Weine vor, sondern vor allem auch die Menschen und Macher dahinter und macht somit auch klar, warum ein richtig guter Tropfen nun mal nicht für 5 Euro zu haben ist.

Vielen Dank an bloggdeinbuch.de und den Oekom Verlag, wer das Buch bestellen möchte, kann das hier direkt beim Oekom Verlag tun.

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